DEFENSIVE PATENT STRATEGY

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Einführung

Eine defensive Patentstrategie hat vorrangig das Ziel zu verhindern, dass die Patente anderer Unternehmen verletzt werden. 

Es gibt verschiedene Gründe sich für eine eher passive Haltung, im Hinblick auf den Umgang mit Geistigen Eigentum, zu entscheiden:
Einerseits befürchten viele Unternehmer einen Image-Verlust bei zu aggressivem Vorgehen – insbesondere wenn man dabei in letzter Instanz scheitert. Andererseits birgt das Patentsystem trotz vieler Standardisierung eine gewisse Rechtsunsicherheit, und darüber hinaus die Gefahr des „Backfires“ seitens konkurrierender Unternehmen.  

Grundsätzlich gilt: Vor neuen Entwicklungen sollten sich Unternehmen intensiv mit der Patentlandschaft auseinandersetzen, um potenzielle Verletzungen zu vermeiden. Jedoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass jede Recherche auch Lücken aufweist, z.B. aufgrund der Tatsache das Patente, die heute angemeldet wurden, erst in 18 Monaten veröffentlicht werden.

 

In den letzten Jahren stieg die Zahl der Patentklagen, insbesondere in Frankreich und Deutschland.

Abb.1 - Anzahl Patentklagen 2022 (in Klammern: Vergleich zum Vorjahr)¹

Wie kann man also teure und zeitaufwendige Patentklagen vermeiden, ohne dabei die eigene Marktposition zu gefährden? Im Folgenden wollen wir auf einige Methoden eingehen.

Methode 1 - Mehr Patente

Der Schutzumfang einzelner Patente ist in der Regel gering. Denn diese heben sich heutzutage oftmals nur in geringem Maß von dem bereits bekannten Stand der Technik ab. Man spricht hier auch von einer geringen Erfindungshöhe. Dieser Umstand führt dazu, dass Unternehmen mehr Patente anmelden, die den Schutzumfang kumulativ erhöhen. 

Große Patentportfolien haben eine einschüchternde Wirkung, und erschweren den Markteintritt für junge Unternehmen. Darüber hinaus sorgen sie für eine gewisse Verhandlungsmasse in Lizenz- oder Schlichtungsverfahren. 

Die Nachteile eines großen Patentportfolios liegen auf der Hand: Sowohl der Aufbau, als auch die Aufrechterhaltung sind mit erheblichen Kosten verbunden, insbesondere bei international operierenden Unternehmen. Darüber hinaus besteht auch bei Patentanmeldungen die Gefahr, dass die Qualität aufgrund der Quantität leidet. Vor diesem Hintergrund ist es wohl sinnvoll, sich auch mit ressourcenschonenderen Methoden zu befassen…

Methode 2 - Alternative Technologien

Eine weiterer häufiger Bestandteil defensiver Patentstrategien ist das sogenannte „design arround“. Dabei umgeht (eng. design arround) man mit alternativen technischen Lösungen die Patente konkurrierender Unternehmen. Die Situation wäre also vergleichbar mit einer Eigenentwicklung, nur dass man sich hier an der Lösung anderer Unternehmen orientiert.

Statt eine Eigenentwicklung anzustreben, können auch bereits veröffentlichte technische Lösungen verwirklicht werden. Denn nur ein Bruchteil der in Patenten offenbarten technischen Lösungen sind tatsächlich in Kraft. 

Abb. 2 - Rechtsstand deutscher Patentdokumente (Mai 2023) - eigene Darstellung gemäß LENS.ORG

Sinnvollerweise prüft man also vor neuen F&E Projekten, ob technische Lösungen in den Patentdatenbanken veröffentlicht wurden, und welchen rechtlichen Status sie haben.        

Methode 3 - Lizenzen

Eine weit verbreitete Praxis, und Bestandteil – nicht nur – defensiver Patentstrategien ist die Lizenzierung. 

Die Chancen einen Lizenzgeber zu finden werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Mit viel Glück findet man ein relevantes Patent mit sogenannter Lizenzbereitschaftserklärung. In diesem Fall verzichtet der Anmelder auf seine Dispositions- und Gestaltungsfreiheit, sodass jeder die offenbarte Technologie zu fairen (notfalls durch das Patentamt bestimmten) Konditionen lizenzieren kann.  

Im Allgemeinen können Lizenzverhandlungen auf verschiedene Weise beeinflusst werden,  wie beispielsweise indem potenzielle Lizenznehmer möglichst glaubhaft den Verzicht auf ein „design arround“ erklären. 

Die folgenden Arten von Verträgen sind am meisten verbreitet:

  • nichtausschließliche / einfach Lizenz
  •  exklusive / ausschließliche Lizenz
  • Alleinlizenz
  • beschränkte (exklusive) Lizenz


Tatsächlich sind 
Lizenzverträge frei verhandelbar, sodass viele Variationen oder Alternativen der oben aufgezählten Verträge existieren. In Lizenzverhandlungen ist ein großes Patentportfolio als Verhandlungsmasse von Vorteil.

Methode 4 - Defensive Veröffentlichung

Unter bestimmten Umständen kann es Sinn machen neue Technologien zu veröffentlichen. In der Folge können sie weder vom eigenen, noch von konkurrierenden Unternehmen patentiert werden. Denn bereits bekannte Lösungen erfüllen nicht die Grundvoraussetzung für Patentierbarkeit.

Wichtig dabei ist die Art und Weise der Veröffentlichung. Insbesondere bei international agierenden Unternehmen, sollte die Veröffentlichung zweifelsfrei nachweisbar und für internationale Gerichte, oder Patentprüfer nachvollziehbar sein. 

Außerdem sollten die Veröffentlichungen über einen ausreichenden Umfang (beziehungsweise Detailgrad) verfügen. In Deutschland wäre für technische Lösungen beispielsweise die Anmeldung eines Gebrauchsmusters denkbar. Diese Strategie macht vor allem dann Sinn, wenn es sich um Lösungen mit geringem kommerzielles Potenzial handelt. 

Diese 4 Methoden machen einen wesentlichen Teil defensiver Patentstrategien aus. Häufig ist eine Kombination dieser Methoden mit unterschiedlicher Gewichtung am sinnvollsten. Aber auch die Kombination von offensiven und defensiven Strategien ist denkbar, wie am Beispiel von Tech-Startups zu sehen. 


weitere Informationen
¹ Quelle: juve.de

Michael Schaub

CEO, IP- and mobility expert

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